Die Frage, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und die Patientin oder der Patient einen Schaden erlitt, bejahte der Medizinische Dienst Sachsen in jedem 3. Gutachten (30,3 Prozent) – das heißt in 200 Fällen. In 20,3 Prozent der Fälle stellten die Gutachterinnen und Gutachter fest, dass der Behandlungsfehler Ursache für den Schaden war – dies trifft auf 134 Fälle zu. Nur in diesen Fällen haben Patientinnen und Patienten Aussicht auf Schadensersatz. Das Spektrum der Fehler ist breit gefächert: Es betrifft die unterschiedlichsten Erkrankungen und Behandlungen.
Die Zahlen des Medizinischen Dienst spiegeln insgesamt nur einen kleinen Ausschnitt der tatsächlichen Behandlungsfehler wider. Zahlreiche Fälle bleiben unbekannt – weil sie in Deutschland nicht zentral erfasst werden und weil sie von betroffenen Patientinnen und Patienten gar nicht als Fehler erkannt und daher auch nicht vorgeworfen werden. „Die Zahlen des Medizinischen Dienstes sind nicht repräsentativ für das Fehlergeschehen. Darüber haben wir noch viel zu wenig Transparenz“, betont Dr. Katrin Richter, Fachreferentin für Behandlungsfehler beim Medizinischen Dienst Sachsen.
Im Interesse der Patientinnen und Patienten plädiert der Medizinische Dienst seit Jahren für mehr Transparenz und dafür, die Patientensicherheit mit systematischen Präventionsmaßnahmen zu verbessern.
Im Fokus stehen dabei die sogenannten Never Events, besonders schwerwiegende, aber vermeidbare Schadensereignisse wie beispielsweise Patienten-, Seiten- und Medikamentenverwechslungen oder zurückgebliebenes OP-Material im Körper. Wenn solche Fehler auftauchen, dann haben sie nichts mit dem Versagen Einzelner zu tun. Sie zeigen vielmehr, dass Risiken im Versorgungsprozess bestehen, weil zum Beispiel bekannte Sicherheitsvorkehrungen – wie Checklisten und Markierungen von Patienten vor Eingriffen – nicht angewendet werden.
Hintergrund: Der Medizinische Dienst ist der unabhängige sozialmedizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Zu seinen Aufgaben gehören sowohl Einzelfallbegutachtungen von Versicherten als auch Qualitätsprüfungen in Pflegeheimen und Krankenhäusern. Bei einem Behandlungsfehlerverdacht können sich Versicherte zunächst an ihre Krankenkasse wenden, die dann den Medizinischen Dienst mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragen kann. Die Fachärztinnen und Fachärzte des Medizinischen Dienstes klären dann, ob ein Behandlungsfehler einen Schaden beim Versicherten verursacht hat. Den Versicherten entstehen durch die Begutachtung keine Kosten.
Meldung
Jahresstatistik 2023 zur Begutachtung von Behandlungsfehlern veröffentlicht
Insgesamt 660 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern hat der Medizinische Dienst Sachsen im Jahr 2023 erstellt. Bundesweit hat der Medizinische Dienst knapp 12.500 Sachverständigengutachten zu Behandlungsfehlervorwürfen erstellt.